Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben by Eckart von Hirschhausen

Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben by Eckart von Hirschhausen

Autor:Eckart von Hirschhausen
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783423438889
Herausgeber: dtv
veröffentlicht: 2021-12-15T00:00:00+00:00


Schon jetzt fressen Ventilatoren und Kühlanlagen rund ein Zehntel des weltweit verbrauchten Stroms, schätzt die Internationale Energie Agentur (IEA). Bis zum Jahr 2050 könnte sich diese Menge verdreifachen. Warum? In den USA und Japan haben bereits neunzig Prozent aller Menschen Klimaanlagen. Nachholbedarf besteht vor allem bei den 2,8 Milliarden Menschen, die in den heißesten Zonen der Erde leben, von denen aber bislang nur acht Prozent ihre Räume klimatisieren. Die dreißig Städte mit den höchsten Durchschnittstemperaturen liegen sämtlich in Entwicklungsländern. Mit steigendem Wohlstand werden Schwellenländer wie China und Indien zu den wichtigsten Treibern des Stromverbrauchs für Kühlsysteme.

Ein weiteres massives Problem: Der in Kühlgeräten verwendete Fluorkohlenwasserstoff (FKW) schädigt das Klima, wenn er in die Umwelt gelangt. Weil diese Gase über 20.000-mal klimaschädlicher sind als Kohlendioxid, könnten bis zur Mitte des Jahrhunderts ausgerechnet Kühlmittel für zwölf Prozent der globalen Erwärmung verantwortlich sein.

Kühlung mit Geräten ist also eine momentane Erleichterung, aber eine globale und lokale Milchmädchenrechnung. Denn die Physik des Kühlschranks besagt: Der Raum, in den man einen Kühlschrank stellt, wird insgesamt wärmer, auch wenn man die Kühlschranktür öffnet. Denn dafür, dass die Wärme an einem Ort mit Stromverbrauch »rausgezogen« wird, muss sie ja irgendwohin »getauscht« werden, und das ist die Umgebung. Die Luftglocke über den Städten wird aufgeheizt, je mehr Menschen ihre Räume unter die Außentemperatur herunterkühlen wollen.

Städte werden in Hitzeperioden zu echten Wärmefallen, in sogenannten Hitzeinseln kann die Temperatur über 10 Grad höher sein als im Umkreis. Hitzeplanung spielte bei der Stadtplanung bisher kaum eine Rolle, man orientierte sich an den Erfahrungswerten der Vergangenheit – ohne einen Blick in eine wärmere Zukunft. Das sieht man an den »Prachtbauten«, den teuren Gebäuden von Versicherungen, Energieunternehmen und Banken, die alle mit großen Fensterfronten ausgestattet sind. Als hätten die Architekten noch nie etwas vom Treibhauseffekt gehört, bauen sie Treibhäuser für Menschen. Ich werde nie vergessen, wie ich einmal an einem Sommertag zu einem Gespräch in der Firmenzentrale von E.ON in Düsseldorf war. Der »moderne«, um einen Innenhof herum gebaute Glaskasten war zu allem Überfluss auch noch mit Glas überdacht. So konnte man zwar quer durch den Hof sehen, wie jeder in seinem Büro vor sich hinschwitzte, aber an frische Luft war nirgendwo zu denken. Mein Mitleid hielt sich in Grenzen, weil der Energiekonzern lange die Folgen der Kohleverstromung ignoriert hat. Aber auf bessere Ideen kommt ja so auch keiner.

Dachbegrünung, Pflanzen an der Fassade sowie Grünanlagen und Gewässer in der Umgebung helfen, die Temperaturen zu senken. Aber große Teile der städtischen Flächen sind versiegelt, es gibt viel zu viel Beton und Stein, nirgendwo kann Wasser langsam im Boden versickern und dann verdunsten und damit das tun, was die Haut für uns tut – kühlen. Durch die Betonwüsten weht auch kein Wind, weil bei der Planung nicht auf die Frischluftschneisen geachtet wurde. Dabei muss kühlere Luft aus dem Umland möglichst ungehindert zirkulieren können, etwa entlang von Flüssen oder Grüngürteln.

Im Umweltbundesamt gibt es ein »Kompetenzzentrum Klimafolgen und Anpassung«, es gibt Fördermittel der Länder, aber ein Umbau zu widerstandsfähigen »resilienten« Städten dauert Jahrzehnte. Und immer noch werden Gebäude errichtet,



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